Neues Projekt: Digitalisierung alter Skripte

Mein Ansatz die Entwicklung meiner Heraldikseiten voranzutreiben ist ein evolutiver: D.h. ich habe das Thema zwar eingegrenzt und mir vage Ziele gesteckt, aber ich habe keinen Masterplan! Es ist eher so, dass die Umsetzung eines Projektes das nächste inspiriert. Beispiel: als ich die Liste der Luxemburger Gemeindewappen online brachte, kam mir die Idee ein Lexikon der Heraldikbegriffe anzulegen, sowie eine Liste jener Wappen aus der Luxemburger Geschichte an denen sich Lenertz, Loutsch und Co, die Autoren der Gemeindewappen inspiriert hatten. Aus dem letzten Projekt entwickelt sich dann mein grösstes Projekt “Armorial Loutsch online“.

So ist es auch jetzt: Bei der Umsetzung des “Armorial Loutsch” wollte ich dem Leser möglichst viele Links bieten, nicht nur zu verwandten Wappen, sondern auch auf die Fachbegriffe. Dabei wurde mir bewusst, dass im Text doch reichlich viele Ausdrücke vorkamen die einer Erklärung bedurften (z.B. vergette) oder wo ich es wünschenswert fand, dass das Vorkommen gezählt würde (z.B. epis). In der Konsequenz habe ich das Lexikon weiter aufgebohrt. Das wiederum machte mir klar, dass eine eingehende Beschäftigung mit der Heraldik einen früher oder später auch nötigt, sich mit der umfangreichen und leider auch widersprüchlichen Theorie der Heraldik zu beschäftigen. Wohl kam er mir schon früh der Gedanke, dass ein Webauftritt zur Heraldik auch einige Beiträge zur theoretischen Heraldik bereithalten müsste. Einerseits reizte es mich schon, meine ganz persönliche “Einführung in die Heraldik” zu schreiben, andererseits fragte und frage ich mich: Wozu? – Es sind, auch im Netz wirklich hinreichend viele Einführungen zu dem Thema verfügbar, nicht zuletzt die Artikel auf Wikipedia! So dachte ich.

Leider entdeckte ich dann aber auch, dass bestimmte Begriffe doch nicht so selten sind wie ich Michel Pastoureau glauben wollte, so dass sie nicht behandelt werden müssen. Also doch ein Einstieg in die Theorie? Bloß, wann sollte ich diese Beiträge zur Theorie schreiben, ich finde ja knapp die Zeit die Wappen zu zeichnen und ordentlich zu beschriften? Da verfiel ich auf den Spruch:

Lieber gut kopiert, als schlecht selber geschrieben

Also schaute ich mir erst mal an, wie andere das machen. Der geschätzte Auftritt Blason Armoiries von Hervé Dupuis hat es auch so gemacht, er bediente sich bei folgendem Werk: “l’Alphabet et figures de tous les termes du blason” von L.-A. Duhoux d’Argicourt — Paris, 1899. Also bei einem vermutlich schon länger als 70 Jahre verstorbenem Autor. Da fiel mir ein: google und co. digitalisieren doch diese Werke der Vergangenheit, dieses oder ein ähnliches Buch müsste doch im Netz zu finden sein?! So stiess ich erst mal auf:

  • Pautet du Parois, J. F. Jules. Nouveau manuel complet du blason ou Code héraldique, archéologique et historique…. 1854.
    Source gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

Das Resultat ist erschreckend, die Fehlerquote beim Digitalisieren ist viel höher als ich es erwartet hätte. ich zitiere mal kurz aus dem Werk, unbearbeitet, so wie ich es runter lud:

La Hollande a béni le nom de votre père Ce philosophe Roi , poèt Qui descendit du trône où le poité: ta gu- èrre D’amourç4yironnésv Et le grand empereur, l’Itiiigu.ste de notre àg se penche et ‘sourit , et sur votre_ ber’ rêve dans son coeur un subliine 11&Itagé-, Son ceil est un flambeau : – Son regard semble. allé r jus:quéS au fond ‘des e croit voir son étoile à orage pà1i’ 11 vous regarde et dit en pénétr Règne dans l’aveniii. Et celle qui porta la pourpre impériale Et s’en montra si digne auprès,- de.PE nut en elle , à son Sou ange protecteur ; . -votre .berceau quelle sple le auréole autour de votre Combien de noms brillants , d’ un éclat m Vous a.ecompa” gneront.

Und das ist noch aus dem Vorwort, der Widmung an Napoleon III, einem Fließtext in üblichem Französisch. Damit kommen die Texterkennungssoftware eigentlich am besten klar. Hier könnte man aber mit handelsüblichen Rechtschreibprogrammen, etwa einem Officeprodukt die Qualität von Hand nachbessern. Bei der Güte der Erkennung würde dies zwar schon recht zeitaufwendig aber möglicherweise noch im Rahmen bleiben.1
Schlimmer ist es wenn sich die unüblichen heraldischen Begriffe, oder eben die Eigennamen häufen, etwa bei einem Werk wie dem Renesse. Dieses speziell zur Rückwärtssuche entworfene Armorial2 des belgischen Freiherrn Theodore de Renesse3 ist auch so schon schwierig zu handhaben, in dieser elektronischen Fassung aber völlig unbrauchbar.
Und so machte ich mich auf die Suche nach etwas besserem und wurde in Luxemburger Nationalbibliothek fündig: É. SIMON, de Boncourt war jetzt kein Belgier sondern Franzose, genauer ein Lothringer aus Bar le Duc. Er veröffentlichte 1885 ein kleines Büchlein, genau richtig für meine Zwecke:

GRAMMAIRE DU BLASON

OU LA SCIENCE DES ARMOIRIES MISE A LA PORTÉE DE TOUS A L’USAGE DES ARCHITECTES, PEINTRES, ARCHÉOLOGUES TOURISTES, AMATEURS, CURÉS, INSTITUTEURS, COLLÈGES, SÉMINAIRES, ETC.

Die vorangehende Zeile ist der Untertitel.


Erstaunlicherweise war das Buch, trotz seines Alters in der Nationalbibliothek ausleihbar und ich hab zugegriffen! Nachdem ich es eingescannt hatte, liess ich Omnipage 17 die Texterkennung durchführen und war angenehm überrascht! Selbst die heraldischen Fachausdrücke erkannte Omnipage fast mühelos.
Obwohl der Inhalt jetzt nicht in allem für bare Münze genommen werden kann4, aber sein Aufbau ist gut gegliedert, übersichtlich und leicht nachzuvollziehen. Da er mit einem eigenen Kapitel auch stark auf die Oberwappen eingeht, den Teil eingeht, den ich hier immer ausklammere, habe ich beschlossen sein Buch zur Gänze in wiesel.lu/heraldik zu integrieren. Es bekommt dort seinen Platz unter “Wappenkunst5, einem Kapitel das ich mehr oder weniger der theoretischen Wappenkunde widmen will. Boncourt teilte sein Buch schon in zwei Teile6 und so werde auch ich es der Ladezeiten wegen aufteilen:

Selbstverständlich wird auch der de Boncourt von mir überarbeitet, die Zeichnungen neu erstellt und mit Links angereichert. De Boncourt selber verweist sehr viel quer in seinem Büchlein, natürlich mit Seitenangaben. Diese werden noch zu entfernen sein. Die Überarbeitung kann noch was dauern, Vorrang hat immer noch der Armorial Loutsch. Aber der Leser kann die Wiederauferstehung des Boncourt hier live verfolgen!
Gut, der Leser der sich öfter hierher verirrt könnte bemerkt haben, dass diese besprochenen Seiten schon länger, rudimentär bearbeitet online stehen, und zwar schon seit dem 2. Juni, so lange hab ich schon vor diesen Artikel hier zu schreiben. Das ist nun erfolgt, Also, viel Spass bei Lesen!

  1. Edit 1. Juni 2018: Später habe ich den Code héraldique dann doch veröffentlicht []
  2. eigentlicher Titel: Dictionnaire des Figures héraldiques []
  3. hier seine Nekrologie auf französisch []
  4. schreibt de Boncourt umstandslos plein für plain, und seine angegebenen Verhältnisse, immer ein Drittel des Schildes wären für die fasce, den chef etc. zu belegen, werden in der Praxis viel weniger orthodox gehandhabt. []
  5. Edit 1. Juni 2018: Damals ordnete ich noch alle Beiträge in Richtung “Theoretische Heraldik” unter “Wappenkunst” ein, heute stehen die unter “Wappenkunde.” Siehe http://wiesel.lu/2015/3/29/wappenkunde-heisst-jetzt-wappensammlung/ Mittlerweile setze ich alle Digitalisierungen zu den “Quellen“. Die Links habe ich entsprechend angepasst. []
  6. eigentlich drei: Er fügte dem Werk noch ein Lexikon an. Auf genau dieses habe ich es eigentlich abgesehen []

1 Comment

  1. Pingback: 10 Jahre Heraldik als Hauptthema auf wiesel.lu – Daniel Erpelding

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