Diskussion der französischen Blasonierung des Wappenentwurfs für Antoine Spautz

Am 28. Mai kontaktierte mich Antoine Spautz per Nachrichtenanfrage auf Facebook.
Er bekannte, einer meiner Leser zu sein und dass er sich nun auch ein persönliches Wappen zugelegt hätte, das er demnächst in eine Wappenrolle eintragen lassen will. Zuvor allerdings wünschte er sich noch eine Überprüfung der französischen Blasonierung. Dem kam ich am 31. Mai nach und der Wappenträger erlaubte mir daraufhin, meine ihm mitgeteilten Überlegungen hier zu veröffentlichen. Daraus entstand der vorliegende Text, den ich noch etwas erweitert habe, da ich einige Überlegungen vertieft habe und in einem Detail sogar zu einer leicht anderen Schlussfolgerung kam.

Ausgangslage

Der Wappenträger präsentierte für sein Wappen die folgende Zeichnung:

Dabei schlug er die nachstehende französische Blasonierung vor:

Armes:
D’argent au bâton noueux de gueules péri en bande accompagné de deux frettes en gueules, une en chef senestre une en pointe dextre.
Cimier:
Un hibou grand-duc au naturel

Spautz bekannte sich weiter dazu, dass ihm Einfach- und Klarheit in der Heraldik wichtig sind und bat mich um meine Meinung zu der französischen Wappenbeschreibung.

Analyse der Blasonierung

Grundsätzliches

Viele Wege führen nach Rom, und es sind unterschiedliche Formulierungen zur Beschreibung für ein und dasselbe Wappen möglich, es gibt da unterschiedliche Schulen. Ich bin selber dabei Anhänger der Bewegung, welche versucht, bei den Beschreibungen den mittelalterlichen Stil nachzuahmen.
Die Herolde hatten die Aufgabe, ihren Dienstherren zu berichten, wie das Wappen der anderen (Gegner/Verbündete/Schiedsrichter) aussähe und ggf. Zeichnung davon anzufertigen. Die Texte wurden dabei nur selten aufgeschrieben, sicher weil Schreibmaterialien teuer waren, möglicherweise auch, weil einige Herolde nicht schreiben konnten. Daher bemühten sie sich:

  1. Die Formulierung möglichst kurz zu halten, unter Ausnutzung bestimmter Konventionen („Sous-entendus“), die nicht noch extra betont werden müssen. Etwa, dass Heroldsstücke den Feldrand berühren, es sei denn, es würde was anderes gesagt. Oder dass Löwen immer nach heraldisch rechts schauen, aufrecht gestellt sind, und nur einen Schwanz haben, es sei denn es würde was anderes gesagt. Usw.
  2. Der Wortschatz war eher beschränkt, genauso wie die verwendbaren Figuren. Die Vielfalt ergab sich aus den Kombinationen.

Davon ausgehend denke ich folgendes:

Zur Hauptfigur

Die Hauptfigur darf „bâton noueux“ genannt werden, das hat der Autor soweit richtig gemacht. Alternativ, könnte man sie auch einfach „chicot“ nennen.
Es handelt sich um ein Stück eines Astes mit Knoten der abgeschnittenen Zweige dran. Hier ein paar Beispiele klassischer Luxemburger Wappen mit dieser Figur, wobei im Wappen “Henry, dit de Sechamp” die Figur als bâton noueux bezeichnet wird, bei Vannerus und Stockem hingegen als chicot.:


Nun ist ein „bâton“, zu deutsch ein Faden, kein „meuble“, sondern ein Heroldsstück [„pièce“] und zwar ein Schrägbalken [„bande“], der etwas schmaler ausfällt.
Der Unterschied zwischen „meuble“ und „pièce“ ist der, dass ein Meuble nie den Rand berührt, es sei denn dass dies ausdrücklich gesagt wurde, und beim Heroldstück ist es umgedreht: es muss den Rand des Feldes berühren.
Um sicher zustellen, dass kein Künstler den Faden bis an den Schildesrand zeichnet, griff der Autor der Wappenbeschreibung zur Formulierung péri en bande.
Mir behagt diese Formulierung nicht, aus zwei Gründen:

  1. Zunächst ist das Wörtchen „péri“, mir etwas zu esoterisch. Es stammt nicht aus dem Wortschatz der frühen Herolde, sondern ist eine Schöpfung späterer Zeit. Die Herolde haben damals (so ab dem Spätmittelalter) den heraldischen Wortschatz absichtlich verkompliziert, um (die Kinder von) Nichtfachleute(n) aus ihren erlesenen Reihen auszuschließen. Bei allen anderen Figuren sagt man „alésé“, aber bei der „bande“ und dem davon abgeleiteten „cotice“ und „bâton“ soll es dann „péri“ sein? Das ist ein Spitzfindigkeit, auf die ein heraldischer Autodidakt nicht so ohne weiteres kommt und die Eingeweihten konnten sich dann über ihn lustig machen und als Emporkömmling ächten.
  2. Zweitens ist „péri“ nicht besonders eindeutig, bezüglich der Grösse der verbleibenden, vom Heroldsstück zum „Meuble“ gewandelten Figur. Einige Autoren gehen sogar hin, und verwenden „péri“ nur für deutlich kleinere Figuren, und behalten „alésé“ dem Standardfall vor, der vorsieht dass die Figur das Feld in dem sie sich befindet möglichst ausfüllen muss.

Weiter ist es so, dass in dem Wort „Bâton“ die Rechtsschrägstellung bereits drin ist. Es ist der Standardfall eines Fadens, daher kann „en bande“ weggelassen werden.
Macht man aus dem „bâton noueux“ einen „chicot“ kann man die obige Problematik umgehen. Bei einem chicot ist automatisch klar, dass er den Rand nicht berührt und er raumausfüllend sein muss, wir brauchen dann weder „péri“ noch „alésé“. Dafür muss dann aber präzisiert werden, dass er „en bande“ gestellt wurde, dieser hat keine Standardstellung (siehe Wappen Stockem).

Die Stellung der Nebenfiguren

Der Schrägbalken wird von zwei Gitterstücken [ frettes] begleitet [accompagné]. Hier ist es wieder so, dass wenn nichts anderes gesagt wird, diese selbstverständlich zentral und rausausfüllend in den beiden durch die Hauptfigur (dem „bâton noueux“) geschaffenen Feldern positioniert werden. Also so, wie im Wappenentwurf. Man kann daher Zusatz „, une en chef senestre une en pointe dextre“ daher weglassen, denn der liefert keine weitere Information.
Noch eindeutiger als „accompagné“, wäre das Wort „accosté“ (dt. beseitet) und auf jeden Fall eleganter als die komplizierte Formulierung mit den Ortsangaben. Allerdings streiten sich hier die Autoren, ob das auch bei schief gestellter Hauptfigur möglich ist: Loutsch, Henri Gourdon de Genouillac und Pastoureau meinen “nein”, das wäre nur für vertikale Figuren möglich, Martin denkt, es wäre ein Synonym für accompagné, Ménestrier sagt “ja” und Simon de Boncourt meint gar, es wäre nur für schräge Figuren möglich. Also belassen wir es lieber bei accompagné.

Die Angabe der Farben

Bei den Farben lieben es die franzöischen Heraldiker schnörkellos. Hier gibt es keine poetischen Umschreibungen wie “in rot gehaltene” Figuren, wie das in deutschen Blasonierungen erlaubt ist. Daher sagen wir auch nicht, die beiden Gitterteile wären “en gueules” sondern halten fest: “deux frettes de gueules”.
Nun wird es aber Heraldiker geben, die darüber die Nase rümpfen, dass ein und dieselbe Farbe, hier gueules, zweimal benannt wurde. Simon de Boncourt etwa schrieb 1888 in seinem Schlusskapitel zur manière de blasonner selon les principes:

On doit éviter de nommer à nouveau un émail qu’on a déjà nommé, et pour cela on dit: de même.

Dies ist in der Tat allgemein eine gute Idee, ich persönlich finde dabei aber, dass man es nicht übertreiben muss!
Deshalb hätte ich mit dem Punkt der Spautzschen Blasonierung keinerlei Probleme, wenn er die Farbe wiederholt. In komplizierteren Wappen, kann man bei strikter Anwendung dieses Prinzips sogar schnell durcheinander kommen, besonders wenn man nur den Text hat.
Welche Farbe wurde denn nun als letzte benannt? Bei Tieren oft die Farbe der Kronen oder Fingernägel, und die begleitenden Figuren sollen dann diese Farbe haben, aber möglicherweise selber wiederum Garnituren einer anderen aufweisen, etc.

Das vorliegende Wappen ist ein Spezialfall, weil der Autor sehr sparsam mit Farben umging, er verwendet nur zwei. Das könnte Siegelschneider und Drucker freuen. In diesem Fall, gibt es noch eine weitere Alternative, dass man sagt “das Ganze hat diese oder jene Farbe”, also “le tout de/d’…“. Aber wie gesagt, “du même” ist ganz ok.

Die Helmfigur

Bei der Helmfigur (cimier), würde ich, auch wenn ich grundsätzlich dafür plädiere in der Heraldik bei der Einteilung der Tiere nicht unbedingt auf der modernen Systematik der Biologie zu bestehen, sondern die falschen mittelalterlichen Vorstellungen durchaus gelten zu lassen, nur die Art „Uhu“ [Grand-Duc] angeben, und die Ordnung des Tieres „Eule“ [hibou] weglassen. Man sagt ja auch nicht „un chat lion“, sondern einfach nur „lion“.

Vorgeschlagene Alternativen

In Würdigung des oben gesagten, schlage ich folgende Alternativen für das eigentliche Wappen (innerhalb des Schildes) vor:

  • D’argent au bâton noueux alésé de gueules accompagné de deux frettes du même.
  • D’argent au chicot, posé en bande, accosté de deux frettes, le tout de gueules.

Die von mir bevorzugte Variante des gesamten Wappens wäre daher:

Armes:
D’argent au chicot de gueules posé en bande, accompagné de deux frettes du même.
Cimier:
Un grand-duc au naturel

Weitere Informationen zum Wappen

Ich will dem Leser aber weitere Informationen, die der Wappenträger mir zu diesem interessanten Wappen geliefert hat, nicht vorenthalten. Hier erst einmal meine Zeichnung:

Herr Spautz wählte die Motive, ähnlich wie ich, aus seiner Familiengeschichte. Er hat sich dabei aber, anders als ich, intensiv mit Ahnenforschung beschäftigt und Vorfahren sowohl in Neuerburg als auch in Fels ausgemacht. Aus dem Gemeindewappen entnahm er das rote Dauner Gitter [fretté].


Für die Wahl der Haupt- und die Helmfigur, zog er das Wappen des Corneille Grand-Bâtard de BOURGOGNE, einem unehelichen aber sehr geliebten Sohn von Philippe dem Guten, heran, weil seine streng männliche Linie zu Beginn des 19. JH an einem unehelichen Sohn endet, der den Namen der Mutter führen musste. Der Zusammenhang mag mit den Haaren herbei gezogen sein, ganz abwegig ist es aber nicht.1
Wichtig ist, dass die Figur dem Wappenträger gefällt. Aus dem Wappen selber entnahm er nichts, nur die Helmfigur, aber wenn man zwei knotigen Äste kreuzt, erhält man das sogenannte Burgunderkreuz, wie wir eines z.B. im Wappen Arnoult sehen können.

Insgesamt finde ich persönlich, dass es ein sehr gelungener Entwurf ist und ein sehr schönes Wappen dabei rauskam und gratuliere hiermit dem neuen Wappenherren.


  1. Meine eigene Wahl für den Löwen, der für Daniel in der Löwengrube stehen soll, ist auch nicht viel fundierter, ich hatte 1984 einfach besonders viel Spass daran einen schreitenden Löwen zu zeichnen. []

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