Hier, zum endlich auch spürbaren Frühjahrsanfang, noch mal ein längerer, programmatischer Artikel.
Einher mit meiner Entscheidung, der theoretischen Heraldik einen eigenen Ordner zu spendieren, in dem ich die Seite “Wappenkunde” umwidmete, ging mein Entschluss, die Bemühungen um dieses Thema wieder zu verstärken. Nachdem ich mich 2014 fast ausschliesslich dem Zeichnen von Gemeindewappen aus Rheinland-Pfalz gewidmet hatte, greife ich damit meinen im Oktober 2013 schon skizzierten Plan wieder auf.
Die Motivation zum aktuellen Plan
Zwischenzeitlich hatte ich vor, unter “Wappenkunst” nur eine Textskizze einer künftigen Einleitung zu präsentieren und hatte auf einer untergeordneten Seite eine “eigene Einführung” begonnen. Diese eigene Einführung sollte ein ausführlicher Text werden, der meine ganz persönliche Sicht wieder gibt. Da ich aber nie Zeit fand eine solche zu schreiben und daher der ausführliche Text nie all zu weit über die Skizze hinauskam, stampfte ich diesen Torso wieder ein und überlegte mir Alternativen:
- Statt eines gesonderten Textes zur Einleitung, habe ich die Skizze auf der Astgabel Wappenkunde selber etwas stärker ausgebaut.
- Weiter folge ich dem Grundgedanken, dass der Leser im Netz ohnehin nicht gerne lange Texte sich reinzieht, sondern es anschaulicher mag: Weniger Text, dafür mehr Bilder, und wenn es ausführlicher gewünscht ist, bitte einen weiterführenden Link (auf fremde, am besten aber eigene Beiträge) anbieten.
Eine solche Seite im Stil “weiterführende Links” hatte ich bereits vorher zum Thema Farbregeln angelegt. Wenn ich aber solche “weiterführende” Seiten für meine “Einführung” planen sollte, musste mir da nicht ins Auge springen, dass solche Seiten bereits existieren? Genau das taten sie, nämlich die, zur Zeit recht dürftigen Beiträge in meinem französischen Heraldiklexikon!
Das brachte mich auf die Idee, statt einer allgemeinen Einleitung in die Heraldik eine solche zu schreiben, welche sich weitgehend auf das französische Blasonieren beschränkt. Damit schaffe ich nämlich einen Mehrwert, denn eine solche ist in deutscher Sprache eher selten anzutreffen. Dafür werden dann auch die bisher eher ausgesparten die Oberbegriffe wie “figures, meubles, attributs” oder allgemeinere wie “blason, armoiries, armorial” eingeführt werden müssen. Für bestimmte Themen, etwa “der Ursprung der Wappen”, welche man auch andenken könnte, dürfen dann doch Unterseiten zu “Wappenkunde” geschaffen werden.
Teilvorhaben in naher Zukunft
- Als erstes gilt es sich einen Überblick über die französischen Heraldikbegriffe zu verschaffen. Mein Lexikon ist da alles andere als vollständig. Um die Lücken besser zu finden, diene die neu angelegte Seite Hierarchie der französischen Heraldikbegriffe. Diese inspiriert sich stark an der Struktur welche der Autor von Armoiries et blasons ausgemacht hat, und wird von mir aber noch überarbeitet werden.
Hinzugefügt habe ich die “Attribute”, neben Farben und Figuren eine weitere, bislang von meiner Einführung eher vernachlässigte, wichtige Kategorie von Begriffen des Wappenwesens. - Einer der sich stark mit diesen Attributen beschäftigt hat, war Henri Gourdon de Genouillac dessen Grammaire héraldique von 1853 ich daher unter die zu digitalisierenden Werke aufnahm.
- Dann will ich möglichst viele erläuternde Zeichnungen erstellen, was angesichts meiner mittlerweile umfangreichen Sammlung an Vorlagen kein Problem darstellen dürfte. Möglicherweise greife ich dann eine Idee auf, welche ich schon mal hatte, und stelle eine eigene Seite, nur mit Bespielbildern online.
- In dem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass ich die, wegen zu geringer Bedeutung des Werkes von Bender und Rolland eingestellten Digitalisierungsarbeiten wieder aufgenommen habe.
- Dann habe ich an einer weiteren Front die unterbrochenen Arbeiten wieder aufgenommen, und bin dabei, konsequent die Links auf (seine) Illustrationen und (meine) Heraldikbegriffe im Heraldiklexikon des Herren Rietstapps einzuführen. Einige Zeichnungen werden dabei sicher noch anzufertigen sein.
- Danach werde ich anfangen, zumindest schon mal die Zitate in die Heraldikbegriffe einzuarbeiten, wie beim Begriff Adler (aigle) schon vorgemacht.
Die aufgegebene Skizze zur Einführung in die Heraldik
Hier noch, um sie für die Nachwelt zu erhalten, die ursprüngliche Skizze zum meiner Einführung in die Heraldik, welche jetzt fast zwei Jahre unter “Wappenkunst” feilgeboten wurde, und aus der ich die aktuelle Fassung unter Wappenkunde nach und nach herausarbeiten will:
Ein langfristiges Ziel ist, dem Leser eine Einführung in die Heraldik zu bieten. Mein eigener Entwurf einer Einführung in die Heraldik der in diese Richtung zielt, ist noch nicht ganz fertig und muss noch überarbeitet werden. Nein, eigentlich steckt er immer noch in den Kinderschuhen! Ich versuche mal die folgende:
Kurzfassung meiner (angedachten) Einführung in die Wappenkunst
- Ich habe ein Schild (écu) oder auch keins, welche Form dies auch immer haben möge,
- dieses kann ich einfärben. Übliche “heraldische” Colorierungen (émaux) sind die beiden Metalle (métaux) Gold (or) und Silber (argent), sowie die Farben (couleurs) rot (gueules), blau (azur), schwarz (sable) und grün (sinople), seltener ist noch purpur (pourpre) zu finden. Es werden weitere Farbgebungen verwendet, lösen beim Heraldiker aber ein Naserümpfen aus, denn sie gelten nicht als klassische heraldische Farben. Heraldisch sind dagegen bestimmte Pelzwerke (fourrures wie Hermelin (hermine) und Feh (vair) welche auch als besondere Farbangaben verbreitet sind.
- Dann kann das Schild durch sogenannte Teilungen1 (partitions) in mehrere Felder (champs) aufgeteilt werden. Die wichtigsten Teilungen sind die Querteilung (coupé), die Spaltung (parti), die Schrägrechtsteilung (tranché) und die Schräglinksteilung (taillé). Durch Superposition dieser Teilungen erhält man weitere: die Kombination von coupé und parti ergeben die wichtige Vierteilung (écartelé), tranché und taillé ausgeführt ergibt die Schrägvierteilung(écartelé en sautoir) und alle vier Grundteilungen übereinander gelegt führen zum geständerten Feld (gironné).
- Diese Teilungen erfolgen durch Schnitte (traits oder lignes), welche mittels geraden Strichen durchgeführt werden, es sei denn, es wurde was anderes angegeben. Dann können diese Striche die unterschiedlichsten Formen annehmen. Hervorzuheben seien die häufigsten: das (vivré), das (engreslé) und das (dentelé).
- Diese Operationen der Teilung können theoretisch beliebig oft wiederholt werden, in der Praxis aber seltener als 11 mal. Wiederholt man z.B. die Spaltung zweifach, erhält man eine Dreiteilung (tiercé) des Feldes. Etwas komplizierter ist es oft im französischen eine solche Mehrfachteilung korrekt zu “blasonieren”, also die Wappenbeschreibung anzugeben. Die Franzosen machen da ganz komische Verrenkungen, eine Erläuterung passt aber nicht in eine Kurzfassung.
- Jedes der durch diese Schnitte erzeugten Felder, oder aber auch das ganze ungeteilte Schild kann mit Figuren (figures) belegt (chargé) werden. Bei den Figuren unterscheiden wir zwischen den Stücken (pièces) und den (meubles):
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Die (pièces) müssen den Rand des Feldes berühren, es sei denn es wurde durch das Wort (alésé) oder anders vermerkt dass dem nicht so sei. Die 11 wichtigsten sind der Balken (la fasce), der Schrägbalken (la bande), der linke Schräg-Balken (la barre), das Schildhaupt (le chef), der Pfahl le (pal), das Kreuz (la croix), das Schräg- oder Andreaskreuz (le sautoir), der Sparren (le chevron), das Freiviertel (le franc-quartier), der Rand, auch noch Einfassung genannt (la bordure) und nicht zu vergessen das Herzschild (l’écusson).
Wie bei den Schnitten der Teilungen kann auch die Berandung der Stücke entweder gerade oder auch krumm sein, also dieselben Formen annehmen wie bei den partitions.
Überhaupt sind die Stücke (pièces) für den Laien auf den ersten Blick nicht von den Teilungen (partitions) zu unterscheiden, und auch viele Heraldiker weigern sich sie gesondert zu betrachten. Im französichen ist diese Unterscheidung aber üblich.
- Die sogenannten gemeinen Figuren (meubles) berühren dagegen den Rand in aller Regel nicht, es sei denn es wurde mittels des Wörtchen “mouvant” genau so verfügt, oder höchstens noch wenn der Künstler Schwierigkeiten hat die Figur ganz aufs Feld zu bekommen. Daher ist ihre Position im Feld auch nicht festgelegt, sie sind sozusagen mobil, so bekam dieser Sammelbegriff auch seinen Namen (meuble). Bei den Meubles gibt es eine sehr grosse Vielfalt:
- Tiere aller Arten, insbesondere Vierbeiner (quadrupèdes), hier vor allem der Löwe (lion), der Hund, dabei zumeist als Windhund(lévrier) oder als robuste Bracke (chien braque ) und der Bär (ours), Vögel (oiseaux), hier hervorzuheben der Adler (aigle) und die Merlette (merlette), aber auch Fische (poissons) in Luxemburg vor allem als Lachs (saumon) oder Barbe (bar), Insekten etc.;
- Der Mensch (homme), von vielen, vor allem von älteren christlicheren Heraldikern gerne noch vor den Tieren genannt und von wiederum anderen, zumals späteren keck gar dem Tierreich zugeordnet, und seine Bestandteile! Hier besonders die dextro- und senestrochères genannten, meist aber nicht notwendigerweise bewaffneten Arme);
- Pflanzen aller Art, als da wären Blumen und hier besonders zu erwähnen die Lilie (fleur-de-lis) und die Rose (rose), die Bäume (arbres) und ihre Blüten, Blätter (feuilles) und Früchte, usw.
- Die Himmelskörper, wie die Sonne (soleil), der Mond (lune oder häufiger croissant), Kometen vor allem aber die Sterne (étoiles) mit unterschiedlicher Anzahl von Strahlen (rais).
- die künstlichen Figuren,
- wie Werkzeuge, Geräte, Fahrzeuge, Bauwerke – hier besonders die Türme (tours) und Schlösser (châteaux),
- Kleidung, Waffen besonders die Schwerter (épées) und Helme (casques)
- Dann gibt es Kreuze nicht nur als Pièce, sondern in ihren sehr vielfältigen Aussprägungen auch als meuble, sowie auch andere Zeichen (marques).
- einfache geometrische Figuren, wie die Raute in vielerlei Abarten (z.B. als losange, macle, ruste..) und besonders die Kreise (als bésant oder tourteau).
Bei dieser Unterkategorie sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt.
- Zuletzt noch die Ungeheuer (figures chimèriques), Tiere welche die Menschen sich ausgedacht haben, hier besonders hervorzuheben die Greifen (griffons) wobei man bekennen muss, dass die Menschen im Mittelalter durchaus an die Existenz einiger dieser Biester geglaubt haben, die ihnen nicht märchenhafter vorkamen als Löwen, Tiger oder Krokodile.
In jedem Feld kann nur ein einziges meuble sein, oder mehrere. Dann gilt es anzugeben wie sie angeordnet (ordonné, rangé), bei Tieren sind oft noch unterschiedliche Tierstellungen möglich die angegeben werden müssen: aufrecht (rampant), schreitend (passant), rennend (courant), schwimmend (nageant) oder bei Flugtieren noch fliegend (volant) etc.
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- Ein Wappen kann auch Elemente enthalten, welche ausserhalb des Schildes plaziert sind, wie der Helm (casque oder heaume), die Helmdecken (lambrequins), die Helmfigur (cimier), Schildhalter (Tenants wenn die haltende Figur zumindest teilweise menschlich ist, ansonsten Supports), der Wahlspruch (cri oder devise), bei hochadligen Trägern oder Staatswappen noch der Mantel und weitere Elemente.
- Beim Verwenden aller dieser Elemente sind bestimmte Regeln zu beachten, vor allem die sehr wichtige Farbregel, dass Metall nicht auf Metall und Farbe nicht auf Farbe liegen darf.
- es gibt keine wirklich gute deutsche Entsprechung für “partition” [↩]
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