Kéinzig

Im diesem Ort bin ich aufgewachsen. Die meisten meiner Vorfahren mütterlicherseits lebten dort, und es lebt hier weiterhin ein Großteil meiner Ursprungsfamilie.
Ich selber habe von 2001 bis 2007 auch als Erwachsener dort gelebt.
Nachstehend meine eigenwillige Beschreibung meines Heimatortes, natürlich ist sie noch nicht fertig.
Wer etwas ungeduldig ist, besehe sich bitte den Artikel auf Wikipedia (in luxemburger Sprache).
Kirchturm von Küntzig

Name

In meinem Dialekt wird der Ortsname Kéinzig ausgesprochen. Weitere Eigennamen bezeichnen den Ort:

  • Kënzëg, auf hochluxemburgisch
  • Künzig auf deutsch, wobei es dann von Luxemburgern aus patriotischen Gründen gerne auch als Küntzig bewusst falsch geschrieben1 wird,
  • und letztlich am bekanntesten dürfte das amtsfranzösische Clémency sein.

Geografie

Lage

Küntzig liegt im Südwesten Luxemburgs, etwa 10 km nördlich des Dreiländerecks Luxemburgs mit Frankreich und Belgien in Rodange/Athus. Das Dorf bildet dabei eine Art luxemburgische Bucht ins belgische Gebiet hinein. D.h. zum Norden, Westen und Südwesten hin, ist die Grenze des Dorfes/der ehemaligen Gemeinde zugleich auch Staatsgrenzen zu Belgien.

Nachbarorte

Fingig, Grass, Selange, Messancy, Guerlange, Bascharage, Hautcharage.

Microklima

Etwas kühler und nasser als das Umland.

Geologie

Lehmboden.

Geschichte

Küntzig war früher bedeutender als später. Im Mittelalter gab es ein Adelsgeschlecht de Clemency, das mit dem Dorf in Verbindung gebracht wird.
Die Einwohner aus Pétange, kamen nach Küntzig zur Messe. Ende des 19. JH verpassten die Küntziger aber ihre Chance, so die Legende, als die Eisenbahn geplant wurde. Die Bauern legten Protest dagegen ein, dass das Dorf der zentrale Knotenpunkt im Westen wird, und so wurde das Petange.

Religionen

Die meisten waren katholisch.

Politik

Wirtschaft und Infrastruktur

Es gibt noch einige Bauerhöfe, als ich Kind war zählte ich 12, davor waren es noch mehr.

Unternehmen

Der Bäcker Brisbois, so ein Architekturbüro, den Rest müsste ich nachschlagen. Als ich Kind war, gab es noch:

  1. zwei Bäcker, (belsche Bäcker an Tousche Bäcker)
  2. drei Epicerien (Tata Märy, Kunni, Hirtz)
  3. eine Garage
  4. ein Kohlen- bzw. Mazouthändler
  5. und sogar eine Papeterie (Geimer).

Verkehr

Küntzig liegt eigentlich sehr ruhig, zwischen zwei Autobahnen:

  1. Der Autobahn die von der Stadt nach Arlon (und weiter nach Brüssel) führt und in 6 km Entfernung zwischen dem Nachbardorf Grass und Sterpenich durchführt.
  2. Der Collectrice du Sud, die von Esch kommt und nach Rodange durch das 4 km entfernten Käerjheng (op der Biff) führt.

In Küntzig selber gibt es inzwischen sehr viel Durchgangsverkehr, nicht nur weil die Leute die Verbindung zwischen den beiden Autobahnen herstellen wollen, sondern auch weil diese im Berufsverkehr der Pendler nach Luxemburg Stadt überlastet sind und die Leute glauben, Küntzig wäre eine nette Abkürzung.
Neben dem Strassenverkehr gibt es noch seit etwa 1981/82 auf dem Damm der ehemaligen Attertlinie einen Radweg, die sogennante PC 12 (piste cyclable), die aber auch bei Spaziergängern sehr beliebt ist.

Sehenswürdigkeiten

Die Kirche von Küntzig

Wie in den meisten Dörfern aus Luxemburg, ist die Kirche das augenfälligste Bauwerk, mitten im Ort gelegen und bekam sogar einen Eintrag auf Wikipedia.


Um diese Darstellung nicht überborden zu lassen habe ich weitere Details in einen der Kirche gewidmetem eigenen Beitrag gepackt.

Das “Schloss”

Nicht weit weg von der Kirche liegt ein älteres Gebäude, das die Küntziger ganz stolz “Schloss” nennen. Es liegt etwas versteckt und ist von der Strasse aus nicht zu sehen.

Die Kapelle


Altes Bahnhofsgebäude

Sport und andere Sozialitäten

Sportstätten

  • Die Sporthalle der Gemeinde, neben den Grundschulen
  • Der Fussballplatz des FC Etoile Clemency “an der Schwemm”

Vereine

  • Der Musikverein
  • Der Fussballverein
  • Der Tischtennisverein (Fingig)

Veranstaltungen

Eher weniger.

Persönlichkeiten

In den Artikel auf Wikipedia haben es folgende Persönlichkeiten als berühmte Küntziger geschafft:

  1. Jean Octave (1942-). Der war Sohn des Gemeindesekretärs und wurde später Luxemburgs erster Fernsehsprecher der legendären Sendung “Heielei, Kuckeleie” die, als ich Kind war, praktischer jeder im Land geschaut hat. Legendär, sein biederer Haarschnitt, der eines Kommunionskindes.
  2. Louis Biren (1898-1987) bekannt als Wonesch Lou. Der war aus der Generation meiner Urgrossmutter und den kannte ich nur vom Hörensagen. Interessant für mich ist, dass er am selben Tag Geburtstag hat wie ich, und in dem Jahr verstarb, als ich Abitur machte. Laut Wikipedia war er Wiederstandskämpger im zweiten Weltkrieg und wurde in den Konzentrationslagern Hinzert, Natzweiler, Dachau und Mauthausen gefangengehalten.
  3. Fritz Haupert (1907-1996), ein Turner der Luxemburg bei den Olympeschen Sommerspielen 1936 in Berlin vertreten hat. Mein Grossvater Antoine Weidert, genannt Stëften Tun (1907-1995) hat ihn gut gekannt und sie waren befreundet. Mein Opa war bis zu seinem Arbeitsunfall bei dem seine Greifhand zerstört wurde selber ein aktiver Turner und sehr lange Schatzmeister des Turnvereins.
  4. Charles Bachmann, Radfahrer und Großvater meines Jugendfreundes Romain.
  5. Robert Mergen, ein Zwangsrekrutierter dem es 1943 gelungen war, zu den Russen überzulaufen. Er veröffentlichte Ende der 1980er Jahre ein, leider relativ krudes Buch mit dem Titel “Gëllend Buch vun de Jongen von Tambow”, worin er diese Erinnerungen zu verarbeiten suchte. Von meiner Grossmutter habe ich ihr Exemplar geschenkt bekommen.
  1. Nach l, n, r, das merk’ dir ja, steht nie “tz” und nie “ck”. []

3 Responses

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  1. Michael Schroeder
    Michael Schroeder at | | Reply

    Lieber Herr Erpelding,

    der berühmteste Küntziger ist wohl:

    Wachsmut von Künzich (Kunzech), ein Minnesänger, dessen Gedichte um 1220 bis 1250 entstanden (siehe: Weingartner Liderhandschrift, Kleine Heidelberger Liederhandschrift, Codex Manesse). Sein Wappen zeigt: In Blau zwei nach rechts schwimmende silberne Fische. Helmzier: Zwei nach oben gerichtete silberne, bezahnte und rotbezungte Fische. Banner: In Blau drei balkenweise silberne Fische. Das Wappen verweist auf die in Kéinzig (Clemency) ansässige Ministerialenfamilie, welche sich nach dem Ort benannte, deren Mitglieder im 14. Jahrhundert vereinzelt in Urkunden belegt sind und die motivische Wappengemeinsamkeit mit dem Minnesänger zeigen.

    Hierzu: Michael Schroeder: Wachsmuot von Künzich (Kunzech) – ein Luxemburger Minnesänger. Annuaire A.L.G.H. – Jahrbuch 1995 = Volume II des Actes du XXIe Congrès international des sciences généalogique et héraldique à Luxembourg, p. 59-72.

    Michael Schroeder
    Die authentische Schreibung seines Namens Kunzech (und nicht Künzingen) legt ein Herkommen aus westfränkischem bzw. moselfränkischem Gebiet nahe.

  2. Margot Wagner
    Margot Wagner at | | Reply

    Lieber Herr Erpelding
    ,,Nicht weit weg von der Kirche liegt ein älteres Gebäude, das die Küntziger ganz stolz “Schloss”nennen ,,

    Das ältere Gebäude ist das Schloss!

    Dessen Geschichte einige Jahrhunderte zurück geht.
    Aus dem Buch Die Hoheit Kerschen / Die Vier-Freidörfer aus dem Band LXVII der Publikationen der historischen Abteilung des Grossherzoglichen Instituts von Luxemburg

    ”Vorzeiten gab es zu Küntzig ein altes Schloss*) dem eine Familie des Namens und Wappens Küntzig entstammte, die im 12.jh(!) einen Ritterrichter hervorbrachte.
    *)Sebastian Franz von Blanchart ( 1674-1752) überliefert uns darüberfolgende Mitteilung.
    Das alte Schloss erhob sich im jetzigen Gemüsegarten des Herrn de Lanser. Um das Jahr 1665 errichtete Johann Ferdinand von Blanchart, Lehnherr zu Küntzig, einen Neubau, wozu er die Steine des verfallenen alten befestigten Schlosses verwandte, dessen auffallend dicke Grundmauern mit vorzüglichem Kalkmörtel hergestellt waren.”
    Und so wie das Schloss 1665 im damaligen Schlosshof Neu errichtet wurde, steht es noch immer da.

  3. Ali Barthel
    Ali Barthel at | | Reply

    “Ende des 19. JH verpassten die Küntziger aber ihre Chance, so die Legende, als die Eisenbahn geplant wurde. Die Bauern legten Protest dagegen ein, dass das Dorf der zentrale Knotenpunkt im Westen wird, und so wurde das Petange.”
    Das halte ich tatsächlich für eine urban legend (steht ja auch da), oder genauer gesagt eine rural legend, als für historischen Fakt. Es gibt die Gechichte von den Bauern und dem Bahnhof vielerorts, alleine in unserer Ecke wurde er von einem früheren Bürgermeister erzählt, wobei er ganz offensichtlich eine vielleicht wahre Geschichte seiner Schullehrers aus dessen Heimatdorf in sein (und mein) Dorf verlegt hat.
    Tatsächlich gab es wohl das Vorhaben, eine Bahn von Dippach oder Schouweiler über Dahlem Richtung Küntzig zu bauen. Aber dass das den Knoten Petingen ersetzt hätte, glaube ich nicht.
    Übrigens gibt es auch modernere urban legends betreffend die Bahn von Luxemburg nach Petingen. Während der Grossbaustelle vom zweispurigen Ausbau gingen Einwohner aus Dippach davon aus, die TGV zwischen Luxemburg und Paris würden zukünftig diese Strecke benutzen… und in Dippach-Reckingen halten, man also ohne umzusteigen von Dippach-Gare nach Paris fahren könnte.

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