Mein Erfahrungsschatz mit Vel’Oh! wächst weiter.
Inzwischen berichtete auch die Onlinezeitschrift “Die Grenzgänger” über die technischen Probleme!
Kurz: die Benutzung der Vel’Oh!s ist zur Zeit gratis, die dafür grösstenteils allerdings auch nicht funktionieren1. Denn in einer hügeligen Stadt wie Luxemburg ein fast 29 kg schweres Rad zu treten2 ist nicht ganz ohne.
Grenzgänger schrieb:
Heute sind Probleme wie Beleuchtung oder Fahrraderkennung in Bahnhöfen gelöst, aber die Unterbrechung der elektrischen Unterstützung während der Fahrt ist noch nicht behoben.
Was mit der “Fahrraderkennung in Bahnhöfen” gemeint ist, weiss ich nicht und ob das Licht jetzt immer funktioniert kann ich nicht überprüfen, weil es jetzt meistens abends schon hell ist. Interessant ist aber, was sie weiter schreiben:
Dieses Problem (“die Unterbrechung der elektrischen Unterstützung während der Fahrt”) ist auf ein fehlerhaftes Verhalten eines elektronischen Teils der Karte zurückzuführen, der die elektrische Unterstützung steuert. Um dies zu korrigieren, werden wir (-sic-) die betreffenden Karten in allen Fahrrädern ersetzen und das Zusammenspiel aller Komponenten dieser Karten und des gesamten Systems neu programmieren, so dass alle Elemente korrekt miteinander interagieren. JCDecaux plant für diese Systemüberholung etwa 6 bis 8 Wochen, um das System bis Mitte April 2019 voll funktionsfähig zu machen.
Wer jetzt mit “wir” gemeint ist, weiss ich auch nicht, ich vermute mal die Grenzgänger haben vielleicht eine Mitteilung von JCDecaux abgeschrieben und an einer Stelle vergessen die erste Person Mehrzahl durch die dritte zu ersetzen 😉 Weniger schlimm.
Es läge demnach also weniger an den Batterien, dass die elektrische Unterstützung immer dann versagt wenn sie gefordert ist, z.B. wenn es Minusgrade hat und es bergan geht, sondern an so einem Chip. Das könnte das entsetzliche Geräusch, verbunden mit großem mechanischem Widerstand erklären, vielleicht schaltet die Elekronik irrtümlich in den Dynamobetrieb?
Dass die Probleme zur Zeit noch nicht behoben sind, musste ich diese Woche wieder erfahren.
Ausgehupt und stehengelassen am Montag
Am Montag den 25. Februar wollte ich von meiner Dienststelle zum Bahnhof fahren um anschliessend ein Konzert zu besuchen, weshalb ich mein eigenes Rad nicht nehmen wollte. Ich lieh mir an der Route d’Arlon per Handyapp (was anderes funktioniert ja bekanntlich an der Stelle nie), ein Vel’Oh!. Nach wenigen Metern merkte ich: Es war ein Fehlgriff, der Reifen hatte nicht genug Luft und das Vorderrad eierte etwas.
Dann fuhr ich die Rue des Aubépines, da hupte mich so ein SUV Fahrer aus, weil ich für seinen Geschmack zu weit links fuhr. Das hatte aber seinen guten Grund, denn entlang der Strasse parken IMMER Autos und zur Zeit auch viele Baufahrzeuge, wo gerne mal Fahrzeugtüren ohne Vorwarnung auffliegen. Da Gegenverkehr war, konnte er an der Stelle ohnehin nicht legal überholen, denn die Spur muss dabei gewechselt werden, wenn die 1,5 Meter Abstand zum Radlenker links eingehalten werden sollen.
Er der König der Strasse fühlte sich aber wohl in seinen herrscherlichen Prärogativen beschnitten weil er die, nur theoretisch erreichbaren 50 km/h, jetzt mit seinem breiten geländetauglichen Gefährt nicht ausfahren konnte.
Ich zeigte auf die parkenden Autos und rief “Du gesäiss dach, dass do Autoen stinn!“.
Was ich nicht wusste, er hatte das Beifahrerfenster schon runter gelassen und blöckte zurück “Dir braucht guer nit sou haard hei ze jäitzen!“.
Dann kam zum Glück eine Parklücke, in die fuhr ich rein und liess ihn vorbei ziehen. Er bedankte sich brav mit einem Stinkefinger und aus meinem Mund erklangen Tiernamen. Letzteres zu meinem eigenen grossen Erstaunen, aber in solche Situationen wo mehrere Tonnen Stahl dich kraftvoll bedrängen schüttet der Körper wohl fleissig Adrenalin aus.
Weiter ging meine Vel’Oh!fahrt, doch nebem platten Vorderreifen machte sich nun auch das Geräusch wieder bemerkbar. Die elektrische Unterstützung fiel aus und obwohl das Gelände abschüssig blieb, die 28,5 kg liessen sich nicht leicht treten. Also gab ich das Rad bei nächster Gelegenheit in Merl zurück. Hierbei machte ich dann die unerfreuliche Feststellung, dass Vel’Oh! mich kein neues Rad ausleihen liess, sondern behauptete, ich hätte ja noch eines in Besitz! Die Erfahrungen vom nächsten Tag sollten mich lehren, dass der Mechanismus an der Vel’Oh!-Säule offenbar nicht immer richtig schliesst. Ist das der Fall, erkennt er das Rad auch nicht als zurückgegeben an.
Danach musste ich zu Fuß bis zur Kirche von Merl gehen, wo ich dann in den Bus No 13 einsteigen konnte. Auf weitere Vel’Oh! Experimente hatte ich an dem Abend keinen Bock mehr, denn Melissa wartete auf mich.
Drei Vel’oh!-Fahrten am Dienstag
Geplant war erst was in der Kantine (an der Kathedrale) zu essen und dann weiter zum Training ins Kieser (rue du Rangwee). Zunächst lieh ich mir ein Vel’Oh! an der Route d’Arlon und fuhr ohne Beanstandung mit dem zum Plateau du Saint Esprit. Unterstützung funktionierte, war aber auch nicht nötig, es ging ja stets bergab. Probleme machte das Rad erst, als ich es zurückgeben wollte. Der Riegel wollte nicht einrasten und das Rad war damit weder abgegeben noch konnte es geladen werden. Der Effekt vom Vortag war wieder da, erst die dritte Säulen nahm das Rad zum Glück an.
Nach dem Essen kam mir die verwegene Idee, mit dem Vel’Oh! weiter zum Rangwee zu fahren, das Rad dort abzuschliessen und nach dem Training zurückzufahren, denn die Grenze der 1/4 Stunde ist ja aufgehoben, weil zur Zeit alles kostenlos wäre. Allerdings bemerkte ich, dass an den neuen ElektroVel’Oh!s gar keine Schlösser mehr dran sind zum Abschliessen. Ein Aufkleber verhiess zwar, per Anruf könnte ich so eine Pause einlegen, aber was solls, dachte ich: ich bin doch unterwegs um sportlich zu sein, also kann ich es auch am LTB abgegeben und den Rest zu Fuß gehen.
Schon in Bonnevoie liess die anfangs noch verfügbare elektrische Unterstützung merklich nach, da ging jetzt ja auch bergauf.
Nach dem Training wollte ich zunächst mit dem Bus zurückfahren. Dann hielt die Linie 3 am LTB wo die Schule gerade aus war. Da verfiel ich auf die Idee, mir wieder ein Vel’Oh! zu borgen. Natürlich sassen wieder viele Schüler auf den angeleihnten Rädern, wie auf Barhockern. Ausser auf denen, wo sie alle Einstellungen verstellt hatten, die nur gingen. Zwei Stück liessen sich nicht lösen, weil sie ganz schräg drin standen. Ein Jugendlicher meinte zu mir: Doch, doch die lassen sich lösen, Sie müssen etwas Gewalt anwenden! (Jugendliche) Gewalt hatte sie vermutlich auch so verkantet.
In der hinteren Reihe hatten Mädchen auf den Räder Platz genommen, ich vermutete, die wären pfleglicher damit umgegangen und vielleicht auch netter. Ich sollte mich nicht täuschen, das Mädchen machte mir sofort Platz und ich konnte das Rad ausleihen. Ein Jugendlicher stiess dann zu mir und fragte mich, wo er so ein Abo her bekäme. Ich erklärte es ihm und warb dafür, sich so einen Ausweis ausstellen zu lassen. Wo kann man schon für 15 Euro (inzwischen sind es allerdings 18) ein ganzes Jahr sich Räder ausleihen ? Und zur Zeit auch noch kostenlos! Ich freute mich über sein Interesse, aber dann kam ein weiterer junger Mann dazu und beide lachten dreckig. Es war also wohl eine Mutprobe: wer traut sich den Erwachsenen hochzunehmen? Egal! Waren nett.
Aber auch dieses Bike, das gut durchhielt bis Merl versagte zum Schluss, als die Ansteigung in der Rue des Aubépines zu meistern war.
- https://www.diegrenzgaenger.lu/mobilitat/gratis-Vel’Oh!-bis-mitte-april/ [↩]
- cf. https://www.infogreen.lu/vel-oh-moderne-sur-facile-et-100-a-assistance-electrique.html, Zitat: “Avec un poids de 28,6 kg, les nouveaux vel’OH ! sont légèrement plus lourds que les anciens, notamment en raison du système d’assistance électrique.“ [↩]