Radfahren auf der provisorischen “Nei Bréck” (Pont Adolphe) in Luxemburg Stadt

Es war schon etwas später am letzten Mittwoch, so gegen 18:30. Ich kam von der Arbeit und wollte zum Bahnhof, denn da nehme ich jeden Tag den Zug nach Igel. Am Dienstag hatte es geregnet aber am Mittwoch war es trocken und so hatte ich mir an der Kreuzung Route d’Arlon/Rue des Aubépines ein Veloh ausgeliehen. Das Fahrrad war in einem ordentlichen Zustand, also das Licht funktionierte vorne und hinten und ich hatte mir noch eine gelbe Weste übergeworfen, war also gut zu sehen, als ich den Pont Adolphe befuhr. Etwa auf der Hälfte der Brücke wurde ich plötzlich ausgehupt!
Natürlich erschrak ich, und zugleich schoss mir durch den Kopf: Gott, sicher wieder so ein jugendlicher Testosteronbomber der sich an meiner blossen Präsenz auf der Strasse stört! Sehr viele Menschen hören im Theorieunterricht zur Vorbereitung auf die Führerscheinprüfung nämlich gar nicht richtig zu und die Irrmeinung, die Strasse wäre grundsätzlich nur für den Kraftverkehr reserviert und Radfahrer nur in Ausnahmefällen zugelassen ist weit verbreitet. Zu meiner grossen Überraschung sah ich dann aber, als ich nach links blickte, dass es ein Busfahrer war der gehupt hatte und nun wild gestikulierte! Und auch noch einer der staatlichen CFL! Ich machte ihm daraufhin den “bösen Finger” denn nun war offensichtlich dass er die Hupe missbräuchlich benutzt hatte. Das erboste ihn aber weiter und nun scherte er eng vor mir ein, so dass ich abbremsen musste.
An der Kreuzung vor dem Hauptgebäude der Sparkasse war die Ampel rot und er musste halten, so konnte ich zu ihm aufschliessen. Ich war nun sehr adrenalingeladen, denn ich hatte mich durch sein Manöver doch sehr bedroht gefühlt. Als ich neben ihm zu halten kam, öffnete er die Tür und schnautze mich auch noch an:

Do ass extra eng Velosspur fir Iech ageriicht ginn, fuhr gefälligst op deeër!

Jetzt war ich wirklich wütend!
Dat ass keng Velosspur, dat ass den Trottoir! Lies mol däi Code de la Route! Wéi hues Du iwwerhaapt de Führerschäin gepackt?” sprudelte es wütend aus mir raus und ich zeigte ihm auf das entsprechende Verkehrsschild und wies ihn darauf hin, dass dort drüben erst der Radweg beginnt, die Brücke aber ganz normale Strasse ist.


Als ich am Bahnhof ankam, war wieder mal keine Säule mehr frei um das Rad abzugeben! Hier hat sich seit 2010 nicht wirklich viel getan. Minderwertigerweise wird auch auf der neuen Veloh Station am Bahnhof NICHT angezeigt, wo die nächsten freien Säulen wären. Veloh hat es wohl einfach nicht nötig, die Radfahrer können kucken dass sie klar kommen…. Ganz so schlimm wie 2010 war es diesmal nicht, es ist ja auch Winter: An der Place de Paris fand ich noch eine freie Säule, vielleicht weil zur Zeit Weihnachtsmarkt ist und viele Benutzer irrtümlich glaubten, man könne das Rad dort nicht mehr abgeben? Dadurch verpasste ich wieder den 19:00 Zug und war entsprechend gut gelaunt. Es ist schliesslich eine Freude eine halbe Stunde in der Kälte auf seinen Zug zu warten.
Am nächsten Tag beschlich mich aber der Verdacht, dass ich vielleicht doch teilweise im Unrecht sein könnte. Immerhin war der Mann Berufskraftfahrer und zwar bei der CFL! Die sind nicht nur besser bezahlt sondern zumeist auch besser ausgebildet als normale Busfahrer und kennen sich oft erstaunlich gut im Verkehrrecht aus.

  • Was, wenn ich über die zwei Jahre wo ich da schon fast täglich herfahre betriebsblind geworden bin, das “Vorgeschriebener Radweg-Schild” wurde nachgerüstet und ich sah es nicht? Denn ich bemerke schon, dass ich eher eine Ausnahme bin, die meisten anderen Radfahrer fahren auf dem Gehweg und bedrängen dort die Fussgänger. Sowas verachte ich und tue es nicht.
  • Was wenn in Wirklichkeit eine Verordnung erlassen wurde, welche den Radweg vorschreibt und die zuständige Behörde hat vergessen die Strecke auszuschildern, oder Vandalen haben sie entfernt? Und der Busfahrer hat dann aus seiner Erinnerung (an eine mögliche interne Schulung zur neuen Situation) zitiert? Wie sich rausstellen sollte, dann freilich in Unkenntnis der tatsächlichen Situation!

Freunde und Arbeitkollegen von mir waren sich auch nicht so sicher, dass ich Recht hätte, sie hatten gehört es sei zumindest so geplant gewesen dass Radfahrer eine eigene Spur bekommen und bei der restaurierten Brücke würde sogar eine Hängebrücke eingehangen, extra für die Radfahrer. Freilich ist keiner von ihnen Alltagsradler. Auch wollte ich aber weder wissen wie es geplant war, oder wie es sein würde, ich wollte wissen wie genau es zur Zeit IST!

Also machte ich mich am nächsten Tag erst mal auf die Suche nach der zuständigen Behörde. Auch wenn ich selber Beamter bin, bin ich kein Lexikon für Behördenzuständigkeiten. Ich stiess erst mal auf diese Seite: http://www.pch.public.lu/fr/projets/ouvrages-art/pont-adolphe-rehabilitation/pont-provisoire-adolphe/index.html
Das blöde dabei ist, dass das Wort “Vélo” in französischen Texten fast nicht auffindbar ist, weil es in “Dévelopement” vorkommt und ohnehin Beamte gerne andere Wörter benutzen als die normale Bevölkerung. So kommt das Wort “bicyclette” im gesamten Code de la Route1 nicht ein einziges Mal vor.

Also rief ich dann bei der Brücken und Strassenverwaltung an, denen die Adolphe Brücke “gehört”, erfuhr dort aber, dass die Stadt Luxemburg für die Verkehrsführung zuständig ist. Dort rief ich dann an, und wurde sehr freundlich empfangen. Man versprach mir, dies nachzuschlagen und ich erhielt von der zuständigen Behörde der Stadt Luxemburg, der ich meine Fragen vortrug, noch am Donnerstag die Antwort!

Re-Bonjour Haer Erpelding,

Et huet sech bis elo nach näischt geännert wat Verkéiersführung fir d’Veloën iwert de provisoresche pont Adolphe ugeet, weider en “circulation mixte” mat dem Auto’s Verkéier, wuel verstan en direction Gare, net en direction Centre-Ville mat de Bussen.

Den Trottoir ass net ob fir de Velo.

Alternativ kënnt Dir awer och Passerelle benotzen wou d’Velofueren en site propre méiglech ass.

Just war elo fir eng Woch – wéinst Chantier um Niveau vun der place de Bruxelles – d’Furt zou déi de Velo vun der avenue Marie-Thérèse riwer ob de boulevard F.D.Roosevelt bruecht huet, sou dat ob der Kräizung de Velo huet missen mam Verkéier fueren.

Hoffen des Informatioun ass Iech nëtzlech,

Mat frëndleche Gréiss,

DIRECTION MOBILITÉ
Service de la Circulation
Kofferfabrik
98, rue Auguste Charles
L – 1326 Luxembourg
www.vdl.lu circulation@vdl.lu

Ich hatte also Recht! Ich durfte nicht nur mit dem Rad auf der Brücke fahren, ich musste sogar!
Ich bin am Donnerstag Mittag noch mal hingefahren und habe mich auch vor Ort überzeugt, in der Tat da SIND KEINE Schilder, der Gehweg ist also ein reiner Gehweg auf dem man NICHT mit dem Rad fahren darf.

Und die Moral von der Geschicht?

  • Also liebe Radfahrer: immer schön die Strasse benutzen! Wenn Kraftfahrer so minderwertig sind dass sie hupen, dann daran denken: die sind im Unrecht! Schön weiter radeln und brav in der Mitte fahren, damit ihr noch bremsen und ausweichen könnt, wenn sie euch wieder zu eng überholen.
  • Also liebe Kraftfahrer: Nicht ärgern wenn ein Radfahrer vor euch fährt. Die Brücke ist kurz und sie biegen ja gleich ab, auf der anderen Seite haben die Radfahrer ja einen eigenen Weg. Einfach gedulden.
  • So lieber Busfahrer: Wie wäre es mit einer freiwilligen Selbstschulung? Einfach mal die Unterlagen zur Führerscheinprüfung noch mal würdigen, sodann Du sie nicht weggeschmissen hast.

Noch eine Bemerkung zur Alternative “Passerelle”. Natürlich kann man auch über die Passerelle zum Bahnhof kommen, so wie ein Autofahrer der von Luxemburg nach Metz fahren will, ja nicht unbedingt die verstopfte Dudelinger Autobahn benutzen muss, sondern auch über die Autobahn via Trier und Saarbrücken nach Metz kommt. Gehen tut das alles, ist aber in beiden Fällen ein erheblicher Umweg. Bei der Option “Passerelle” kommt noch hinzu, dass die nicht wirklich durchdacht ist. Man fährt von der Kathedrale aus über die Passerelle und steht dann vor der Avenue de la Gare, in die man aber gar nicht reinfahren darf. Wie nun zu fahren ist, ist keineswegs offensichtlich, fährt man nach links Richtung Cents ist zudem ein abschreckender Anstieg zu bewältigen. Es hat nicht jeder ein Elektrorad!

  1. Hier kann man sich den Text des Strassenverkehrsgesetzbuches runterladen: http://www.legilux.public.lu/leg/textescoordonnes/codes/code_route/ []

1 thought on “Radfahren auf der provisorischen “Nei Bréck” (Pont Adolphe) in Luxemburg Stadt”

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