Zur REEL 1997 in Aachen

ein Beitrag von Daniel Erpelding und Michel Asorne

1997, das ist dieses Jahr, sucht die REEL zum ersten mal seit 1990 (Kaiserslautern) wieder eine deutsche Stadt heim. Und wieder ist es eine Stadt dessen luxemburgischen Studenten hauptsächlich Ingenieurwissenschaften studieren und über einen kampfstarken "Club" verfügen. Hoffen wir daß sie mindestens genausogut gelingt wie Kaiserslautern. Wir wollen den Austragungsort (Aachen) und die Veranstalter (AVL) dieser REEL hier kurz vorstellen:

Etwas Geschichte

Obwohl, schon zur Keltenzeit besiedelt, zur Römerzeit Badeort und Garnisonstadt, tritt Aachen erst im Frühmittelalter ins Rampenlicht der Geschichte und das sogar als zeitweilige Hauptstadt Europas!

Daß Aachen heute eine Großstadt und kein deutsches Bad Mondorf ist, verdankt es einigen Zufällen rund um einen Mann und seine Alterskrankheit: der gischtgeplagte Frankenherrscher KARL (747 bis 814), den schon seine Zeitgenossen "der Großen" nannten. Nachdem der Sohn des Usurpators Pippin der Kurze (7.. bis 7..), alle Verwandten auf erstaunlich humanitäre Art und Weise beseitigt hatte (er ließ sie scheren und ins Kloster stecken, im Gegensatz zu seinem mystischen Vorgänger, dem ersten Frankenkönig Chlodwig (466 bis 511), der bevorzugte den glatten Mord) und er ganz Westeuropa bis auf die britischen Inseln unterjocht hatte, verfiel er, oder besser die intellektualisierenden Kleriker mit denen er sich bevorzugt umgab; die "Akademiker" verfielen auf den Gedanken, daß Karl den Titel eines römischen Kaisers annehmen, und als deren Nachfolger auftreten sollte. Karl war schon alt, und wollte nicht mehr wie seine Vorgänger von Pfalz (Residenzstadt der alten Franken) zu Pfalz ziehen, sondern sich eine Hauptstadt wählen. Rom schied aus, da hier bereits der Papst residierte, neben dem Karl befürchtete auf Dauer zu verblassen. Trier und Köln, die beiden nächst größeren Städte in seinem Machtbereich, waren Hauptstädte römischer Provinzen gewesen, ihre Wahl hätte bedeutet, sich als Statthalter der Kaiser von Byzanz zu betrachten. Er wählte Aachen, wo er bereits eine Pfalz unterhielt wegen der "heißen alkali- und schwefelhaltigen Kochsalzquellen". Das Bad in diesen konnte seine Gliederschmerzen lindern und zudem konnte er in den Wäldern der Umgebung ausgiebig jagen. Auch mögen Heimatgefühle mitgespielt haben, immerhin war Karl im benachbarten Heristal (Verviers), was soviel wie "Herrenstall" bedeutet geboren und vermutlich auch aufgewachsen. Nebenbei bemerkt diese Quellen helfen außerdem noch gegen Ischias, Rheuma, Hauterkrankungen, Herz- und Kreislaufstörungen und liefern den Grundstoff für die Getränke beim "Byzutage" oder "Aweihung" welchem die Luxemburger Studenten in Aachen ihre Neulinge zu unterziehen pflegen. (s.u.)

Bald nach Karls Tod wurde sein Reich unter seinen Enkeln aufgeteilt. Der östliche Teil betrachtete sich schon bald als deutsches Kaiserreich und seine Herrscher bestanden darauf in Aachen gekrönt zu werden (bis 1531), eben weil der erste Kaiser Karl der Große von hier aus geherrscht hatte. Im Mittelalter war der Kaiserthron öfters umkämpft. Wegen der hohen symbolischen Bedeutung, die Aachen als Krönungsstadt, und als Aufbewahrungsort der sogenannten Reichsinsignien (Originale in Wien, Repliken davon können aber im Rathaus besichtigt werden) wurde Aachen, von allen Parteien gehätschelt und mit Sonderrechten bedacht, um sich ihre Einwohner gewogen zu machen. Kaiser Friedrich I, genannt "Barbarossa", gab sich damit allein nicht zufrieden und befahl den Aachenern innerhalb von vier Jahren eine Stadtmauer zu errichten, die sie auch selbst bezahlen dürften. Aus dem Grund fiel sich denn auch viel zu klein aus, und behinderte die Entwicklung zu einer richtigen Großstadt das ganze Mittelalter lang. Vielfältig waren die Handelsbeziehungen, welche die freie Reichsstadt Aachen dank ihrer Privilegien und Freiheiten aufbauen konnten. Da die Aachenern diese nicht erkämpft sondern sie ihnen geschenkt worden waren, sahen die Bürger der anderen freien Reichsstädte, vor allem die Kölner zu der stets ein gewisse Konkurrenzbeziehung bestand, denn auch immer ein wenig auf die Aachener herab.

Aachen ist sehr katholisch! Das sieht man schon von weitem an dem, zusammen mit über den sogenannten Katschhof verbundenem Rathaus die Silhouette der Stadt dominierenden Dom. Dessen ältester, mittlerer Teil wird seiner Form wegen Oktagon genannt, sein Bauherr ist, wie kann es anders sein: Karl der Große. In Europa gibt es übrigens nur drei "achteckige Gotteshäuser" aus karolingischer Zeit. Neben Aachen und Reims: die Schloßkapelle von Vianden. Wegen ihrer symbolträchtigen Rolle als Kaiserstadt wird das vorübergehend protestantische gewordene Aachen 1614 mit Waffengewalt (vom spanischen Feldherren Spinola) zum Katholizismus wiederbekehrt. Folgerichtig werden die Aachener zu den verwendesten Verfechtern dieser Konfession. Katholische Bigotterie ward für lange Zeit ein gehöriger Teil des Aachener Lokalpatriotismus, sichtbar an den vielen Kirchen. Die Einwohner der viel unbedeutenderen Nachbarstadt Düren spielen darauf an nicht (und geben ihrem Neid freien Lauf) mit dem Spruch: "Wenn es in Aachen nicht regnet, läuten die Kirchenglocken". Womit eine weitere Besonderheit dieser westlichsten deutschen Großstadt angeschnitten wäre: Aachen ist die niederschlagreichste Stadt Deutschlands, was fast alle neuen Studenten beklagen, außer uns Luxemburgern; wir sind schlimmeres gewohnt!

Die Reformation in Deutschland, leitete mit den oben genannten Ereignissen den Niedergang der Stadt Aachen ein. Die alle sieben Jahre stattfindende Heiligtumsfahrt (Wallfahrt zum Aachener Dom) konnte auch nicht wett machen, daß die Kaiser nun nicht mehr in Aachen gekrönt wurden. Der Stadtrand von 1656 zerstörte Aachen zu 90%. Aachen, nun als barockes Schmuckstück wieder aufgebaut widmete sich nun fast ausschließlich dem Badebetrieb welcher seinen Höhepunkt im 18. Jahrhundert fand. Erst die Industrialisierung nach 1815, als Aachen preußische Provinzstadt wurde, ermöglicht wieder einen Aufstieg. Die Industrialisierung hatte, von England ausgehend über Belgien in Deutschland als erstes Aachen erreicht. In der Nähe (Eschweiler ) wurden Kohlevorkommen entdeckt, Aachen an das internationale Eisenbahnnetz angeschlossen und als Krönung dieser Entwicklung 1870 das "Rheinisch-Westphälische Polytechnikum zu Aachen" gegründet. Diese Ingenieurschule, bald in die RWTH (Rheinisch-Westfälisch Technische Hochschule) umgewandelt, erhielt ihre große Bedeutung zunächst in den Fächern Chemie, Bergbau und vor allem Hüttenwesen. Um 1930 war ein Drittel aller Hütteningenieure in Deutschland im Besitz eines Aachener Abschlusses. Auch die Luxemburger kamen nun endlich nach Aachen. Gleich der allererste Absolvent der RWTH war ein Luxemburger (Pierre Mouris) und nachdem die beiden Sprößlinge der Hüttenwerksbesitzerfamillie Metz Emil Mayrisch (1881 bis 1885) und sein Vetter Emil Metz (1885- 1891) in Aachen studiert hatten, war es für die Luxemburger "Schmelzeningenieuren" fast schon ein Must, auch hier ihren Titel zu erwerben. Aachen wurde dadurch die erste deutsch Universitätsstadt des Industriezeitalters die mit einem größeren Kontingent Luxemburger Studenten konfrontiert ward. Schon 1886 gründeten letztere hier einen Studentenverein, welcher bis 1891 bestand und seit 1897 existiert der "akademische Verein d` Letzebuerger" (AVL) dessen 100 jährige Existenz, bedingte daß der diesjährige Austragungsort der REEL Aachen wurde.

Bevor wir uns der speziell die Studenten interessierenden Seite Aachens widmen, sei die Geschichte unserer bemerkenswerten Stadt noch schnell zu Ende erzählt. Nach dem ersten Weltkrieg trat Deutschland die Gebiete Eupen und Malmedy an Belgien ab wodurch Aachens Lage als Grenzstadt verschlimmert wurde, weil es seine Direktverbindung zum Luxemburger Erzbecken verlor, weshalb seine Stahlwerke unrentabel und geschlossen wurden. In der Zeit der Weimarer Republik war Aachen von belgischem Militär besetzt, was den Nationalsozialisten bei den Studenten Auftrieb verschaffte, nicht jedoch in der Stadt selbst, die eine Hochburg der katholischen Zentrumspartei blieb. In der Nazizeit hatte Aachen das Privileg, wegen ihrer Verehrung für den angeblichen Sachsen(Germanen-!)schlächter Karl den Großen, die einzige deutsche Großstadt zu sein, welche nie vom Führer besucht wurde, und folgerichtig als eine der wenigen ist, welche diesen nicht zu ihrem Ehrenbürger ernannte (dafür dann den dicken Göring). Allerdings nicht deswegen, sondern weil es die erste deutsche Stadt war, die ab Oktober 1944 von den Alliierten belagert wurde, befahl dieser Aachen müsse "bis auf den letzten Blutstropfen verteidigt werden" um die Alliierten zu entmutigen. Die SS tat dies gerne, und somit bedeutete die dennoch erfolgte Eroberung durch die Amerikaner Pattons die 80% Zerstörung der Stadt. Dafür aber wird Aachen die erste deutsche Stadt der Nachkriegszeit sein, mit einer demokratischen Regierung und der ersten freien Zeitung (Aachener Nachrichten).

Nach dem zweiten Weltkrieg tut sich Aachen besonders gerne mit internationalem Flair hervor. Hierbei helfen das Reitturnier CHIO (Concours Hippique Internationale et Officielle) und gerade auch der Karlspreis, der jedes Jahr an Persönlichkeiten, aber auch Körperschaften vergeben wird, die sich besonders um die europäische Einigung verdient gemacht haben, so auch 1986 an "das luxemburgische Volk", ein Entschluß den die Aachener Polizei sicherlich schon oft zum Teufel gewünscht hat, erlaubte er doch schon so manchem Parksünder und fröhlichen ruhestörenden Zecher, von dieser eine "einem Karlspreisträger würdige Behandlung" einzufordern. (Selbstverständlich neben dem Hinweis auf noch nicht bezahlt Kriegsschuld)

Die Hochschulen

die Gebäude der RWTH sind über das ganze Stadtgebiet verteilt, die wichtigsten konzentrieren sich aber um den Tempelgraben und das sogenannte Pontviertel. Die RWTH umfaßt heute zehn Fakultäten (eine davon, die Pädagogik nur noch auf dem Papier) und gebietet über ça. 30.000 Studenten, die meisten im Ingenieurbereich (III Bauwesen IV V Metallurgie / Bergbau, VI Elektrotechnik), auch bei den Luxemburgern in Aachen immer noch bevorzugt. Es waren Ende der 80er Jahre schon mal mehr Studenten. Schuld ist hier sicherlich die Wirtschaftskrise unter der die Ingenieurstudiengänge, stets besonders zu leiden haben, denn in früheren, besseren, Jahren hatten viele diese Richtung gerade deshalb gewählt weil sie ihnen zumindest einen sicheren Arbeitsplatz zu garantieren schien.

Weitere Studiengänge

Daneben gibt es natürlich noch die Fakultät I (Mathematik/Physik/Informatik), gerade die beiden letzteren erfreuen sich mittlerweile endlich auch bei den Luxemburgern einer steigenden Beliebtheit. Fakultät II Architektur hat immer noch das Problem daß der Zugang zu diesem Studium über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) geregelt wird, genau so wie Fakultät X (Human- und Zahnmedizin). Diese genießt allerdings einen wissenschaftlichen Ruf der seinesgleichen sucht, ermöglicht durch das 197. Errichtete Aachener Klinikum welches in Melaten im Westteil Aachens liegt. Hier befinden sich auch eigene Wohnheim für (allerdings nicht nur ) Medizinstudenten und Schwesternschülerinnen.

Berühmt dann noch die Fakultät Philosophie (VII) und berüchtigt ihre berüchtigte Fachschaft die sieben/eins, das letzte Refugium der Schräglinksintellektuellen an der Hochschule. (Alle anderen Fachschaften gebärden sich heute völlig normal!) Hinter "Philosophie" verstecken sich natürlich jede Menge Studiengänge wie Germanistik, Psychologie, Geschichte, Baugeschichte usw. welche hier nicht alle aufgeführt werden können. (Genauere Angaben siehe Informationsheft des DAAD.) Da die Papiertiger, die Pädagogen No IX sind, wer fehlt dann?

Richtig! Die VIII) ist die Fakultät für Kameralwissenschaften, besser bekannt unter den Bezeichnungen BWL und VWL.

1 Comment

  1. Sandro

    ich habe mal ne frage ich wollt fragen wann und wo hat karl der große geherrscht ?

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